In Frankreich leben, in Deutschland arbeiten: 10 Fragen und Antworten für GrenzpendlerInnen
In Frankreich leben, in Deutschland arbeiten: 10 Fragen und Antworten für GrenzpendlerInnen
Sie möchten nach Frankreich ziehen, zugleich aber in Deutschland beruflich tätig sein? Im Nachbarland grenznah leben und in Deutschland arbeiten - dies kann verschiedene Fragen aufwerfen. Hier beantworten wir Ihnen die wichtigsten praktischen Fragen, die ein solches Vorhaben mit sich bringt. So werden Sie bestens vorbereitet sein, wenn Sie in Frankreich in Grenznähe leben und (weiterhin) in Deutschland arbeiten möchten.
1. GrenzgängerIn, GrenzpendlerIn: Was ist das genau?
Als GrenzgängerInnen werden Personen bezeichnet, die in einem Land grenznah leben und im Nachbarland beruflich tätig sind. Spezifisch werden GrenzgängerInnen, die im Ausland leben und in Deutschland arbeiten, auch GrenzpendlerInnen genannt. EinE GrenzpendlerIn zwischen Frankreich und Deutschland hat also den Wohnsitz in Frankreich und pendelt für die berufliche Tätigkeit nach Deutschland. GrenzpendlerInnen beziehen Ihr Einkommen (oder den größten Teil Ihres Einkommens, mindestens 90%) in Deutschland.
Um den GrenzgängerInnenstatus zu erhalten bzw. aufrechtzuerhalten, darf der Wohnort maximal 20 Kilometer von der Grenze entfernt liegen. Es erfolgt täglich bzw. mindestens einmal pro Woche eine Rückkehr an den Wohnort. Damit gilt eine Person steuerrechtlich als GrenzgängerIn.
Auf Französisch spricht man bei GrenzgängerInnen bzw. GrenzpendlerInnen von frontaliers, travailleurs frontaliers oder travailleurs transfrontaliers. Viele GrenzpendlerInnen zwischen Frankreich und Deutschland leben im Elsass, vor allem in Straßburg und Umgebung, und arbeiten in Baden-Württemberg, z.B. im sehr grenznahen Kehl. Seit 2017 besteht sogar eine direkte Tramlinie zwischen Straßburg und Kehl. Desweiteren gibt es auch zahlreiche GrenzpendlerInnen und dafür angemessene Transport-Infrastrukturen zwischen Lothringen und dem Saarland.
2. Welche Vorteile hat es, in Frankreich zu leben, in Deutschland zu arbeiten und zwischen beiden Ländern zu pendeln?
Wenn Sie deutscheR MuttersprachlerIn sind, bietet es sich an, in Frankreich zu leben, um eine neue Sprache zu erlernen und eine neue Kultur kennenzulernen.
Zugleich können Sie Ihre Karriere auf dem deutschen Jobmarkt beginnen bzw. fortsetzen. Deutschland ist Europas wirtschaftlicher Spitzenreiter, und Führungspositionen sind in Deutschland meist höher bezahlt als in Frankreich.
Frankreich ist für Alltagsgüter ein eher teures Pflaster. Wenn Sie zwischen beiden Ländern pendeln, können Sie Ihre Einkäufe an der Grenze auf der deutschen Seite erledigen. Nahrungsmittel, Kleidung und Hygieneartikel sind in Deutschland weitaus preiswerter.
Wenn Sie in Frankreich leben und in Deutschland arbeiten, können Sie das französische Savoir-Vivre auskosten und gleichzeitig einen attraktiven und gut bezahlten Job in Deutschland ausüben, ohne bereits über französische Sprachkenntnisse verfügen zu müssen.
So können Sie aus dem GrenzpendlerInnenstatus ggf. finanzielle Vorteile ziehen und zudem Ihre Fremdsprachenkenntnisse erweitern, was wiederum Ihrer Karriere zugutekommen kann.
3. In welchem Land muss ich Steuern zahlen?
Die Besteuerung von GrenzgängerInnen und GrenzpendlerInnen zwischen Frankreich und Deutschland ist über das deutsch-französische Doppelbesteuerungsabkommen (Convention fiscale franco-allemande) geregelt. Es gilt das Wohnsitzlandprinzip. Dies ist ein Unterschied zu anderen europäischen Ländern, wo die Steuern in dem Land gezahlt werden, in dem der oder die Berufstätige arbeitet.
Wenn Sie also in Frankreich leben und in Deutschland arbeiten, tätigen Sie Ihre Steuererklärung in Frankreich und zahlen dort Ihre Steuern. Es wird in Deutschland dementsprechend keine Einkommenssteuer vom Entgelt abgezogen.
Zu den nötigen Formalitäten hierzu zählt das Ausfüllen und Vorlegen des Formulars 511 (Freistellungsbescheinigung), das Sie von Ihrem Wohnsitzfinanzamt (auf Französisch: Centre des impôts) erhalten. Die Freistellungsbescheinigung ist drei Jahre gültig.
Grundsätzlich ist steuerrechtlich die Nähe zur Grenze von Wohnort und Arbeitsplatz entscheidend, um den GrenzgängerInnenstatus nutzen zu können. Es gilt eine definierte Grenzzone.
Zudem ist es entscheidend, täglich an den Wohnort zurückzukehren, um steuerrechtlich vom GrenzgängerInnenstatus Gebrauch machen zu können. Es gilt eine 45-Tage-Regel, um den GrenzgängerInnenstatus zu behalten: Maximal sind 45 sogenannte „Nichtrückkehrtage“ pro Jahr möglich. Diese dürfen nicht überschritten werden. Davon ausgenommen sind Urlaubstage, gesetzliche Feiertage und Krankheitstage.
GrenzgängerInnen, die häufig auf Geschäftsreisen außerhalb der Grenzzone sind, sollten sich bezüglich der Besteuerung unbedingt mit dem Finanzamt ihres Wohnortes in Verbindung setzen.
Eine Ausnahme bei der Besteuerung von GrenzpendlerInnen gilt für Personen, die im öffentlichen Dienst in Deutschland tätig sind und die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen: Sie zahlen ihre Steuern in Deutschland. Personen, die im öffentlichen Dienst in Deutschland tätig sind und die französische Staatsbürgerschaft besitzen, zahlen ihre Steuern in Frankreich.
4. Wo und wie bin ich krankenversichert und benötige ich eine private Zusatzversicherung?
Die europäische Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit wird über die EG-Verordnung 883/2004 geregelt. Grundsätzlich sind GrenzgängerInnen im Beschäftigungsland krankenversichert. Wenn Sie also in Frankreich wohnen und in Deutschland arbeiten, haben Sie Ihre Kranken- und Sozialversicherung in Deutschland.
Bei Antritt Ihrer beruflichen Tätigkeit in Deutschland müssen Sie bereits eine deutsche Krankrenversicherung gewählt haben. In Deutschland gibt es verschiedene Krankenkassen, zwischen denen Sie wählen können. Es ist ratsam, diese vorab zu vergleichen, um die passende Krankenversicherung für sich zu finden. Die gesetzliche Krankenkasse ist eine Pflichtversicherung.
Zudem können Sie selbst entscheiden, ob Sie eine Zusatzversicherung abschließen möchten. Dies kann beispielsweise für bestimmte Leistungen von Vorteil sein, wie z.B. spezielle Zahnbehandlungen, die nicht oder nur teilweise von der gesetzlichen Krankenkasse getragen werden.
Ab einem bestimmten Einkommen haben Sie die Möglichkeit, von einer gesetzlichen Krankenkasse in eine private Krankenkasse überzugehen.
Auch an Ihrem Wohnort haben Sie Zugang zur Krankenversorgung. Sie können sich bei der französischen Krankenkasse CPAM Ihres Wohnsitzortes registrieren, um zusätzlich eine französische Krankenversicherungskarte (Carte vitale) zu erhalten. Erfragen Sie dazu bei Ihrer deutschen Krankenkasse das Formular S1.
5. Was muss ich bei der Rentenversicherung beachten?
Um eine deutsche Rente beziehen zu können, müssen Sie mindestens 5 Jahre in Deutschland gearbeitet haben. Wenn Sie Ihre gesamte berufliche Laufbahn in Deutschland geleistet haben, erhalten Sie eine volle Rente von deutscher Seite.
Wenn Sie in verschiedenen Ländern beruflich tätig waren, erhalten Sie (je nach Mindestdauer und Dauer) von jedem dieser Länder einen proportionalen Teil Ihrer Rente.
6. Welche Ansprüche habe ich bei Arbeitsunfall oder bei Berufskrankheit?
Alle Angestellten und PraktikantInnen, die in Deutschland arbeiten, besitzen automatisch eine Arbeitsunfallversicherung. Diese wird vom Arbeitgeber übernommen. Im Falle eines Arbeitsunfalls werden alle Leistungen von deutscher Seite gezahlt.
Zur Information: Selbständige haben nicht automatisch eine Arbeitsunfallversicherung. Sie haben aber die Möglichkeit, eine abzuschließen, um, genau wie Angestellte, davon Gebrauch machen zu können.
7. Welches Arbeitsrecht gilt für mich?
Der Arbeitsvertrag ist nach dem Recht des Landes erstellt, in dem Sie arbeiten. Wenn Sie also in Frankreich wohnen und in Deutschland arbeiten, gilt das deutsche Arbeitsrecht.
Das Quellen- und Dokumentationszentrum Frontaliers Grand Est informiert GrenzpendlerInnen und GrenzgängerInnen über das Arbeitsrecht in Deutschland und Frankreich.
8. Welche gesetzliche Arbeitszeit gilt für GrenzpendlerInnen nach Deutschland?
Es gilt die gesetzliche Arbeitszeit Deutschlands. Sie liegt bei 40 Stunden pro Woche (in Frankreich liegt die gesetzliche Arbeitszeit bei 35 Stunden pro Woche). Es besteht die Möglichkeit auf bezahlte Überstunden, diese sind gesetzlich geregelt. Pauschal sind rund 20 Überstunden pro Woche möglich.
9. Welche Formalitäten muss ich erledigen, wenn ich arbeitslos werde?
Bei Arbeitslosigkeit gilt das Wohnortsprinzip. Wenn Sie in Frankreich leben und in Deutschland gearbeitet haben und arbeitslos werden, wird Ihnen das Arbeitslosengeld im Wohnsitzland Frankreich gezahlt.
Für die Beantragung des Arbeitslosengeldes benötigen Sie das Formular U1, das Sie bei der Agentur für Arbeit Ihres Arbeitsortes erhalten. Dies müssen Sie bei Pôle Emploi (entspricht in Frankreich der Agentur für Arbeit) an Ihrem Wohnort vorlegen. Zudem müssen Sie bei Pôle Emploi auch Ihre Arbeitsbescheinigungen einreichen.
10. Welche Familienleistungen kann ich in Anspruch nehmen?
Grundsätzlich beziehen Sie die Familienleistungen in dem Land, in dem Sie arbeiten. Wenn Sie in Frankreich leben und in Deutschland beruflich tätig sind, können Sie die Familienleistungen von Deutschland in Anspruch nehmen.
Ausnahme: Wenn die Ehepartnerin bzw. der Ehepartner beruflich in Frankreich tätig ist, werden die Familienleistungen vorrangig in Frankreich bezogen. Hierzu können Sie sich an die Caisse d’allocations familiales (CAF) wenden. Wenn in Frankreich die Familienleistungen geringer ausfallen als in Deutschland, besteht Anspruch auf eine Ausgleichszulage von der deutschen Familienkasse.
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